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Ernste Töne hallen lange nach

Musikverein »Harmonie« Leutesheim befasste sich bei seinem Jahreskonzert mit Anne Franks Tagebuch

Ein zum Teil tief bewegendes Jahreskonzert gab der Musikverein »Harmonie« Leutesheim am Samstag. Es war nicht nur musikalisch, sondern auch politisch ein eindrucksvolles Statement. Von Michael Müller

Kehl-Leutesheim. Festlich begann der Musikverein »Harmonie« Leutesheim am Samstag sein Jahreskonzert in der Festhalle: Der »Aufzug der Meistersinger« aus Richard Wagners Oper mit seinen majestätischen Fanfarenstößen entpuppte sich als ideale Eröffnungsnummer.

Auch Jacob de Haans Vertonung von Hermann Hesses Gedicht »Stufen« lehnt sich stark an den Wagner’schen Duktus an. Erstmals hatte Dirigent Dieter Baran hierfür eine Profi-Sängerin engagiert: die Freiburger Mezzosopranistin Carolin Neukamm. Leben ist Wandel, sagt Hesse und macht mit seinen Worten Mut, dies als Chance zu begreifen – ohne dabei allerdings die Risiken zu verschweigen. Diese feinen Nuancen arbeiteten Orchester und Sängerin kunstvoll heraus.

Höhepunkt des Abends war jener Programmteil, indem sich das Orchester mit den Gräueln des Dritten Reiches auseinandersetzte. In diesem Jahr ist es 70 Jahre her, dass das jüdische Mädchen Anne Frank, die mit ihrer Familie vor den Nazis nach Amsterdam geflohen war, in ihrem Versteck entdeckt und ins KZ deportiert wurde – Anlass genug, den Opfern der Nazis ein musikalisches Denkmal zu setzen.

Es begann mit der Filmmusik zu Steven Spielbergs »Schindlers Liste«. Gastmusiker Wolfgang Schwarzmüller, erster Violinist im SWR-Sinfonieorchester Freiburg und damit ein Kollege Dieter Barans, leitete das Stück mit wehmütigen Streicherklängen ein. Anschließend lasen Lana Matejka, Madeline Göpper und Gloria Wirth Passagen aus Anne Franks berühmtem Tagebuch – untermalt von einsamen, leisen Glockenschlägen.
Achterbahn der Gefühle

Es folgte »The Story of Anne Frank«, das die Achterbahn der Gefühle, die Frank in ihrem weltbekannten Tagebuch ausdrückt, trefflich beschreibt: Da ist das junge Mädchen, das lernt zu lieben und nie den Glauben an ein besseres Morgen verliert – und das inmitten eines Krieges, dessen Schrecken sich immer wieder mit verschrobener Rhythmik, hektischen, dissonanten Bläsern und dräuendem Paukengegrummel brutal Bahn bricht. Am Ende meinte man, das Rattern des Todeszuges und die Schreie der Menschen in den Gaskammern zu hören.

Dieser Teil endete mit Maurice Ravels Vertonung des »Kaddish«, einem der wichtigsten jüdischen Gebete, das auch zum Totengedenken gesprochen wird. Wolfgang Schwarzmüller ließ die Violine klagen, dazu läutete Jaro Baran am Vibraphon das Totenglöcklein – ein Duett voller hochkonzentrierter Versammlung.

Der zweite Teil brachte die Zuhörer wieder zu den fröhlicheren Seiten des Lebens zurück – mit bekannten Melodien aus den Musicals von Andrew Lloyd Webber, zackigen Funk-Rhythmen und Rockigem von den Rolling Stones. Auch da hatten die Musiker einige Klippen zu überwinden. Vor allem »Demaziado Corazon« von Mink de Ville, das von kubanischen Elementen geprägt ist, erwies sich wegen des enormen Tempos als echte Prüfung – vor allem für die Trompeten und die Rhythmus-Abteilung.

Nach zweieinhalb Stunden und einer Zugabe endete ein Konzert, das vor allem aufgrund des bewegenden ersten Teils noch lange in den Köpfen nachhallte.

Quelle: Kehler Zeitung

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